…oder Bello Impossibile? Mit Kläffern in der Großstadt.
von Miriam Kaefert
Ich wünsche mir einen Hund“, sagte ich mit neun Jahren zu meinen Eltern. Da kannte ich alle 350 Rassen, die in meinem Lieblingsbuch, dem „Kosmos Hundeführer“, porträtiert wurden, auswendig. Ich mochte den Nova Scotia Duck Tolling Retriever besonders gern, den kleinsten Vertreter der Retriever-Familie. Und den Affenpinscher, der sieht zwar albern aus, ist aber sehr schlau. Meine Eltern sagten „Nein. Nicht in der Stadt, nicht in einer Mietwohnung!“ Ich war ein Kind, ich musste das also irgendwie akzeptieren. Aber ich wusste, dass ich einen Hund wollte. Und da gab’s keinen Zweifel. „Ich schaffe mir einen Hund an“; sagte ich mit 29 Jahren zu meinen Eltern. Die 350 Hunderassen kannte ich noch immer auswendig, die wichtigen Dinge im Leben merkt man sich halt. Aber inzwischen wollte ich keinen Affenpinscher mehr, sondern einen von der Giftspritze bedrohten Mischling aus einem russischen Tierheim. Meine Eltern hatten mich schließlich zu einem sozial denkenden Menschen erzogen. Zu meinem edlen Ansinnen sagten sie allerdings dasselbe wie zwanzig Jahre zuvor: „Doch nicht in der Stadt! In einer Mietwohnung!“ Ich lebte mittlerweile nicht mehr in Schwarzenbek, sondern in einer echten Stadt, in Hamburg. Mitten auf dem Kiez, in St. Pauli. Und jetzt konnte ich ihre Einwände sogar nachvollziehen. Irgendwie. Aber irgendwie auch nicht. Ich ließ die Causa Kläffer stillschweigend auf sich beruhen. Ich weihte auch meine Freunde nicht ein, die hätten dasselbe gesagt. Ein Hund gehört nicht in die Großstadt. Und überhaupt.

“Ich will einen Hund, der sagen würde: ‘Mir geht’s blendend'”
Aber ein Hund gehört auch nicht in ein Tierheim, er gehört nicht eingesperrt und schon gar nicht eingeschläfert. Ein Hund gehört seit 10 000 Jahren an die Seite eines Menschen. Und wo dieser Mensch lebt, ist nicht der entscheidende Punkt. Entscheidend ist, dass der Mensch Verantwortung übernimmt. Natürlich kann ich einem Weimaraner oder einem Rhodesian Ridgeback mitten in der Großstadt nur schwer ein angemessenes Leben bieten. Verantwortungslos ist es, sich trotzdem so einen Hund anzuschaffen. Weil er so geil aussieht – vor allem, wenn er in der Altbauwohnung vor dem Rolf Benz Sofa liegt. Ich wollte einen Hund, der auf die Frage, wie er es denn so bei mir findet, antworten würde: „Herrlich! Mir geht’s blendend!“ Und dann sage ich Julia am Telefon: „Ich möchte einen netten Hund. Keinen, der täglich drei Stunden Bewegung braucht, um froh zu sein. Keinen lärmenden Terrier, keinen Riesen und keinen Kläffer.“
Sie und ihre Familie nehmen Hunde auf, die aus einem Moskauer Tierheim freigekauft wurden, und vermitteln sie weiter. So kam ich zu Zumi. Und ein paar Monate später auch zu Grobi, der eigentlich Grobhart von Eisenkeil heißt. Und ich kann nur sagen: Da habe ich mal alles richtig gemacht. Man darf nicht unbedingt auf andere Menschen hören. Das haben mir meine Eltern übrigens auch irgendwann mal beigebracht.