Mal den Brocken rocken

Männer, die auf Berge wandern: Goethe, Heine und Clooney waren vorher hier. Also nix wie Wandermodus an und auf ihren Spuren lustwandeln…

Da stehe ich am ersten Nachmittag meiner Harzreise im kleinen Ilsenburg auf dem Marktplatz mit Blick auf das noble „Landhaus zu den Rothen Forellen“ – und überlege, wieso mir das so irrsinnig bekannt vorkommt. Dann fällt es mir wie Forellenschuppen von den Augen: George Clooney! Vor vielen Jahren, als ich noch Redakteur für Kino und Aktuelles bei Gala war, sollte ich recherchieren, was der Hollywoodstar himself tief im Harz, genauer gesagt: im für die Crew eigens und komplett angemieteten Landgasthaus so treibt, wenn er abends nach einem langen Drehtag seines Kunstraubfilms „Monuments Men“ hier absteigt.

Das kleine rote in der Mitte: Hier wohne ich!

Damals betrieb ich Kaltrecherche, rief in dem Sternehotel an, zwei Jahre später sah ich den George auf der Berlinale und heute bin ich live und in Farbe selbst hier, von Hamburg ausgezogen, um den Harz kennen zu lernen. Ob er tatsächlich auf den Brocken gewandert ist, konnte mir damals wie heute niemand sagen Aber ich steige nicht in dem herrschaftlichen Gebäude ab, sondern habe um die Ecke die idyllische Ferienwohnung am See (ab 60 Euro pro Nacht). Die kleine Nationalparkgemeinde Ilsenburg liegt am Fuße des Brockens und ist somit perfekter Ausgangspunkt für Wandertouren im Harz. Bei einem Spaziergang durch die knapp 10000-Einwohner-Kleinstadt ist man sofort vereinnahmt von ihr: Die kleinen bunten Fachwerkhäuser und die Gassen sind typisch für den Harz, überall gibt es Teiche, die in der Sonne glitzern, und auf dem Ilsenburger Eisenpfad erwandert man sich die Industriegeschichte der Stadt. Schon im Mittelalter wurde hier die Eisenerzeugung groß geschrieben, deshalb gibt es auch noch überall in der Stadt Wasserläufe.

„Lebet wohl, ihr glatten Säle, glatte Herren! Glatte Frauen! Auf die Berge will ich steigen, lachend auf euch niederschauen.

Heinrich Heine, Die Harzreise

Am frühen Morgen beginnt die Brockenwanderung, da es allerdings schon um 8 Uhr morgens 28 Grad sind, geht es mit dem Bus nach Wernigerode und von dort mit der historischen Brockenbahn, die noch von einer Dampflook betrieben wird, in etwa zwei Stunden auf die Spitze des 1142 Meter hohen Berges. Jetzt, zur Hauptferienzeit ist die Bahn bumsvoll, wenn es kühler wäre, wäre ich lieber gewandert. Die Faultier-Alternative E-Bike fällt mir leider erst anderntags ein, dazu in Kürze mehr.

Auf der idyllischen Fahrt durch Fichtenwälter wird bereits ein großes Problem der Harzregion deutlich: An vielen Stellen herrscht Kahlschlag. Durch den Erzanbau wurden Buchen abgeholzt, um Holzkohle herzustellen. Der viel robustere Mischwald wurde so nach und nach zerstört, es entstanden wenig widerstandsfähige Fichten-Monokulturen, denen die Borkenkäfer und die Hitze durch den Klimawandel extrem zusetzen. Das Waldsterben passierte bereits Gegen Ende des 18. Jahrhunderts. Heute ist die Region bemüht, dem Wald beim Regenerieren zu helfen und man sieht zum Glück auch sehr viel neues Grün.

Gleich geschafft (ok, ist nicht soo anstrengend..)

Auf dem Brocken ist dann ziemlich viel los. Er ist ja bis heute sowas wie der deutsche Berg schlechthin, vermutlich sind Goethe und sein „Faust“ nicht ganz unschuldig, dass heute so viele Touri-Ströme unterwegs sind: Allein die Vorstellung von Hexen und Teufeln, die sich in zu Orgien und schwarzer Magie auf dem Berg zur Walpurgisnacht treffen oder das Naturphänomen des „Brockengespenstes“, einer optischen Täuschung, befeuern die Fantasie und haben zum Mythos des Berges beigetragen. Hinter dem drei Stockwerke hohen Brockenhaus erwartet mich eine umfangreiche Ausstellung zur Geschichte und Natur des Berges, zum Beispiel wie das Leben in den Militär-, Sende- und Abhöranlagen aus der DDR-Zeit gestaltete.

Gut, dass die alten Zeiten vorbei sind…
Besen hätte ich jetzt auch gern

Doch nach kurzer Rast geht es an den Abstieg und das eigentliche Highlight für heute – hallo, Heinrich-Heine-Weg! Der Literat soll sich 1824 nach einem nebligen und mühsamen Aufstieg etwas enttäuscht und wie folgt im Gipfelbuch des Brokens verewigt haben: „Viele Steine, müde Beine, Aussicht keine, Heinrich Heine.“

„Viele Steine, müde Beine, Aussicht keine,
Heinrich Heine.“

… aber von Nebel keine Spur, ich sehe nicht nur Baumwipfel, spannende Felsformationen und den immer kleiner werdenden Brockengipfel, sondern auch ab und an eine Tafel mit Gedichten von Heine und Details zu seiner Reise und der Inspiration für seine „Harzreise“, eine der bekanntesten deutschen Reisebeschreibungen. Eigentlich ist die Wanderung auf drei Stunden ausgelegt, aber es ist natürlich viel zu reizvoll, hin und wieder zu stoppen, ins Reisetagebuch zu schreiben, in einer der Hütten seine Stulle zu essen oder einfach nur den Blick schweifen zu lassen. Der Hirtenstieg, auf dem wir gerade laufen, ist der eigentliche Brockenaufstieg, es ist der ehemalige Grenzweg mit fast unberührter Natur. Wir kommen an den Bismarck-Klippen vorbei, die einen perfekten Panoramablick liefern (und die Möglichkeit eines Caspar-David-Friedrich-Gedenkfotos: Von hinten natürlich, in die Ferne blickend).

Der Heine-Weg von oben
„Sammetpolstern“ – Seufz!

Irgendwann auf dem letzten Drittel hören wir ein leises Plätschern und folgen ihm in den Wald. Als hätten wir wie im Märchen plötzlich eine Zauberwelt betreten! Durch das Dickicht fließt ein Bach mit glasklarem Wasser wie aus einer Quelle. Zum Schwimmen sind die Steine zu rutschig, aber seine Füße nach 8 Kilometer wandern reinzuhalten, ist paradiesich. Ich würde mich nicht wundern, wenn gleich zwei Elfen an mir vorbeifliegen… nach zwanzig Minuten Rast geht es weiter. Aber weit kommen wir nicht: Der Bach war die Ankündigung der malerischen Ilsefälle! Das Wasser des Harzflusses Ilse stürzt sich lautstark Richtung Tal, es gibt unzählige Wasserfälle und Kaskaden, die Richtung Tal fließen. Ich kann mich an dieser Stelle nur entschuldigen: Ich denke überhaupt nicht drüber nach, ob ich hier baden darf, aber ich muss einfach ins Wasser und mich in den natürlichen Steinpools abkühlen. Erst später wird mir klar, dass ich mitten im Naturschutzgebiet bin und maximal meine Füße hätte reinhalten sollen …

Sorry, Ilse, ich musste es tun…

Es geht noch vorbei am Heine-Denkmal, über ein paar Brücken durch das schönste Wandergebiet. Und ganz am Ende, die Sohlen glühen schon wieder, kommen wir an die Prinzessin-Ilse-Quelle, die direkt aus dem Berg springt – und die besser schmeckt, als es gerade jeder Zaubertrank könnte. Mein lieber Harz, du hast mich echt verzaubert!

-ANZEIGE- Für diese Reise wurde ich von Tourismus Ilsenburg eingeladen. Auf der Seite findest Du übrigens auch viele weitere relevante Infos, was Anreise, Aufenthalt, Ferienwohnungen etc. angeht.

Beitrag teilen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert