Natürlich schreib’ ich: Mein etwas wilder Selbstversuch, Waldbaden, kreatives Schreiben und Nature Writing miteinander zu verbinden… und mein Weg zum Schreibcoach im Wald und auf der Heide (3)
Die folgenden Tage des Seminars waren ein grünes Füllhorn voller Kreativität und neuer Eindrücke: Die Vorträge waren mitreißend und gaben mir völlig neue Einblicke über meine Einstellung zur Natur und auch mein eigenes Schreiben. Als Journalist bin ich oft gezwungen, Sachverhalte entweder extrem zu verdichten oder sehr einfach zu erklären. Diese Verknappung wirkt sich auf mein Schreiben aus, manchmal ist es dadurch ungenau. Aber gut, wenn eine Deadline steht oder die Zeichenzahl begrenzt ist, kann ich mich nicht meditativen Schreibprozessen hingeben …An den folgenden Tage in meinem Sit Spot war ich sehr entspannt und kam körperlich immer mehr dort an – irgendwann kam es mir fast so vor, als sei die Kuhle des Fuchsbaus eigens für meinen Hintern gebuddelt worden und die Eiche eigens für meinen Rücken gepflanzt, so passend, so richtig fühlte ich mich dort.

In meinem Kopf arbeitete es: Die Natur literarisch und poetisch in ihrer Fülle zu beschreiben ist das eine, und ich fühlte mich beschenkt, so viel Neues wahrzunehmen. Nur: Will ich nicht trotzdem auch weiterhin über das schreiben, was die Natur in mir auslöst? An welche Gefühle ich mich erinnere, als ich mit dem Hund durch den Wald tobte, meinen Vater zögerlich auf den Hochsitz begleitete oder mir im Zeltlager bei der Nachtwanderung eine Bänderdehnung zuzog und von den anderen Kindern ausgelacht wurde? Dies hat nichts mit Natur „an sich“ zu tun, aber diese in der Natur erlebten Episoden gehören zu meiner Biografie und auch heute noch löst das Draußensein Erinnerungen in mir aus, unbeschwerte und schmerzhafte.

Szenenwechsel: Ich beschloss, dass Gelernte ein wenig umzudeuten und zu übersetzen: Auch wenn ich mich weiterhin z.B. in Kurzgeschichten mit dem „reinen“ Nature Writing beschäftigen möchte, wollte ich herausfinden, wie man Elemente daraus auf die Arbeit als Schreiblehrer für Gruppen, die in der Natur arbeiten, anwenden könnte. Kaum zurück überlege ich mir, welche Schreibübungen sich in der Natur durchführen lassen, auch ohne den Luxus, jeden Tag eine Stunde im Sit Spot verbringen zu können. Ich erstellte einen kleinen Reader und da ich nicht nur meine eigene Schreiberfahrung ausloten, sondern mich mit einem Gegenüber austauschen wollte, funkte ich meine Freundin Lara Keuthen an. Sie hatte vor Kurzem eine Ausbildung zur Waldbaden-Leiterin absolviert und ist jetzt quasi staatlich geprüfte Waldbademeisterin. Und: zum Glück schnell begeisterungsfähig. Sie war Feuer und Flamme, mit mir zusammen das Schreiben in der Natur auszuprobieren und zu schauen, ob und wie man Waldbaden und Nature Writing miteinander unter einen grünen Hut bekommt. Aus aktuellem Anlass fahren wir in ein Misch-Gelände: Heide und Bäume. Die Lüneburger Heide „restblüht“ noch, wir suchen uns Fischbek bei Hamburg für unsere Exkursion aus … (Fortsetzung folgt!)