På reperbanen halv ett om natten*

*Auf der Reeperbahn mittags um halb eins…

Hardangerfjord-Reeperbah | stadtlandflow
Ich möchte sofort alles hinter mir lassen und Fjordsegler werden! (Foto: Hardanger fartøyvernsenter)

Das Beste beim Reisen ist ja immer, wenn man Orte entdeckt, die man vorher überhaupt nicht auf dem Schirm hatte. Klar, ich freue mich über Bergen und über den Hardangerfjord, übers Hiken und das aufbrausende Meer – und auch die klebrigen guilty pleasures, Bamse Mums und Smash sind genauso so lecker, wie in meiner Erinnerung (mindestens). Aber so richtig unerwartet in Verzückung gerate ich, als wir das Maritime Museum Hardanger besuchen. Ich hatte null Erwartungen und erhlich gesagt auch wenig Lust, in meiner kostbaren Zeit hier beim Schiffsbau zuzusehen. Hatte mich geirrt! Ursprünglich ein kommunales Jugendprojekt Mitte der 80er Jahre, ist es heute mit der wichtigste Ort für die Restaurierung historischer Boote. Draußen am kleinen Hafen schaukeln die Wikingerboote hin- und her, was die alten Planken herrlichen knarzen lässt. Man kann die Dinger auch kaufen – auf der Alster wäre man King of Cool damit! In den „Vikinghallen“ werden Restaurierungsarbeiten nach den „Richtlinien des norwegischen Direktorates für Kulturelles Erbe“ durchgeführt. Gerade liegt hier ein altes Segelschiff, und man sieht anhand der handgezeichneten Skizzen, der Werkzeuge und erkennt es auch am Geruch, dass hier alles in einem historischen Restaurierungsprozess geschieht.

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Frisch gebohnert: Die Planken der Hardangerjacht (Foto: Hardanger fartøyvernsenter)

Das erste Schiff, dass hier seinen neuen alten Anstrich bekam, war die Hardangerjacht SJ Mathilde: Nach 50.000 Arbeitsstunden konnten die Segel gesetzt werden – viele der Jugendlichen, die hier (freiwillig!) mithalfen, blieben dem Museum treu – und heute sind hier 35 Menschen in der Museumsarbeit– und -pädagogik, aber hauptsächlich mit der Erhaltung alter Handwerke beschäftigt: Es gibt eine alte Schmiede, eien Kleinbootwerkstatt und – meine Lieblingsabteilung – die Reeperbahn. Als Hamburger weiß ich natürlich, dass „Reeperbahn“ nicht gleichbedeutend mit Amüsiermeile ist, sondern hier früher hart gearbeitet wurde: Taumacher und Seiler arbeiteten sich dort früher die Finger wund, um Schiffstaue herzustellen (die früher von Hand gedreht wurden), brauchten sie sehr lange Hallen (eigentlich passierte das übrigens in Hamburg aber nicht auf der Reeperbahn, sondern in der parallel verlaufenden Simon-von-Utrecht-Straße, daneben gibt es auch noch die Seilerstraße, aber das ist eine andere Geschichte – nämlich die von Hamburg!).

Hardangerfjord-Reeperbah | stadtlandflow

Sarah (rechts) prüft mit Argusaugen! (Foto: Hardanger fartøyvernsenter)

Hier im Museum arbeiten die zwei einzigen traditionellen Seilerinnen Norwegens: Ingunn Undrum, die hier seit 20 Jahren angestellt ist, und Sarah Sjøgreen, ihre ehemalige Auszubildende. Den beiden bei der Arbeit zuzuschauen, ist gleichsam faszinierend und total entspannend: Sie versinken selbst völlig in ihrer Arbeit, die Weise, wie sie die alten Spulen und Rollen bedienen, das Garn immer wieder durch ihre Hände gleiten lassen und dabei mit ruhiger Stimme ihre Arbeitsschritte erklären, möchte einen sofort selbst ein altes Handwerk aufnehmen (einen Film, der sie bei Ihrer Arbeit zeigst, findest Du hier). Immerhin kriege ich an der Mini-Reeperbahn auch als Touri einen kleinen Eindruck, wie sich das Seilern anfühlt… Ich hätte gern ein bisschen von dem Holz- und Seilgeruch mit nach Hamburg genommen – aber immer, wenn ich jetzt mit dem Rad in Kieznähe unterwegs bin, was eigentlich täglich ist, erinnere ich mich an alte Wikingerboote und das Herstellen von Schiffstauen.

Diese Reise wurde freundlichst unterstützt von Fjord Norway.

Hardangerfjord-Reeperbah | stadtlandflow

Und das sind sie dann: Seile, frisch von der Rolle! (Foto: Hardanger fartøyvernsenter)
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