Raus aus HH – rein in den Tonteich

Sommerfrische like it’s 1959: Schöner Swimmen als in dem Naturfreibad geht nicht.

Unflotter Dreier. Ich stehe auf dem Sprungturm und frage mich, wieso man eigentlich mit den Jahren mehr Höhenangst bekommt. Ich werde ja wohl jetzt hier nicht bei überschaubaren drei Metern einen Rückzieher machen? Natürlich nicht. Ich nehme Anlauf, denn den ersten Sprung ins kalte Wasser will ich mit voller Wucht genießen. Platsch – noch maaaal! Es gibt im Frühling und Sommer lauter von diesen ersten Male, die einem unmissverständlich klarmachen: Die Draußen-Saison ist wieder da! Das erste Mal Grillen, das erste Eis – und eben das erste Mal ins Wasser springen. Angebadet hatte ich neulich schon in der Ostsee (ca. 15 Sekunden BRRRRR!) und in der Elbe (auch nicht viel länger, zwischen den ganzen Frachtschiffen weiß man ja auch nicht, wie sauber das ist…). Aber heute ist endlich mal wieder ein ganzer Tag frei.

Arschbombenalarm!

Was das Tonbad so besonders macht: Es liegt wirklich mitten in der freien Natur, im Sachsenwald. Eine Wanderung wäre auch schön gewesen, aber der Wald kann warten, ich wollte sowas von dringend ins Wasser. Kaum durch die Drehtür, fühle ich mich wieder wie 12. Der Geruch von Sonnenmilch, das entfernte Gequieke von Kindern, der gemütlich in seinem Kabuff sitzende Bademeister, der Kiosk und die Vorfreude auf Freibadpommes und natürlich der alles überragende Sprungturm sind einfach beste Aussichten. In „meinem“ Freibad früher ist es nur in meiner Erinnerung so schön wie hier. Es gibt nämlich keine gechlorten Becken, sondern nix als Natur.

PLATSCH…

Hier, am Westufer, entstand 1951 eine öffentliche Badeanstalt, nachdem 1911 die Ziegelei der ehemaligen Tonwerke niedergebrannt war und sich die Tongrube mit Wasser gefüllt hatte. 1958 wurde das Schwimmbad dann eingeweiht – und seitdem ist irgendwie die Zeit still gestanden, auch wenn über die Jahre renoviert wurde: Die Holzstege und der Sprungturm aus Holz, der kleine Kiosk und das Bademeisterhäuschen könnten auch in Bullerbü stehen. Und der See? Ist so klar und so perfekt von Bäumen eingerahmt, dass man meint, direkt in die Natur zu jumpen. „Seit die offen haben bin ich jeden Tag hier“, ruft ein älterer Herr mit Badekappe und winkt. „Am Anfang hatte das Wasser 8 Grad, da bin ich nur kurz zum Steg und wieder zurück.“

Es ist wirklich ungewöhnlich klar für einen Badesee. Und weil Eisensulfat und Schwefelsäure in das Wasser gelangten soll seine Wirkung für die Haut so wie die von essigsaurer Tonerde sein. Ein Tag hier reicht wohl nicht, um einen Unterschied festzusellen, aber im Gegensatz zum Chlorwasser anderer Schwimmbäder kann das ja nur gut sein. Für viele Pflanzen und Tiere ist das Wasser hier übrigens zu sauber: Es gibt keine Fische und nur sehr wenig Mücken. Dafür viele wunderschöne Libellen, die heute morgen immer wieder mein rotes Badelaken als Landeplatz anpeilen. Einziger Wermutstropfen: Es gibt leider – naturbedingt – keine riesengroße Liegefläche. Die meisten Plätze sind am Hang, auf der anderen Seite des Sees ist ein großer Steg, der aber ab mittags von einer Gruppe Teenager besetzt wird. Am besten kommst Du gleich morgens unter der Woche, wenn keine Ferien sind. Es sei denn, Du magst im Gegensatz zu mir gern Trubel und eine pickepackevolle Liegewiese.

Morgens ist es noch richtig schön leer hier

Fast am Ende eines langen Badetages mit vielen Libellen, Sprüngen ins kalte, klare Wasser gibt es natürlich noch Freibadpommes und ein Alster. Der Tonteichkiosk ist auch berühmt für sein Knoblauchbrot, aber ich will mich nicht vollstopfen: Ein letzter Sprung ins Wasser und ein paar Runden durch dieses Idyll schwimmen, das muss kurz vor der Heimreise dringend sein.

Man will einfach immer wieder rein
… aber auf den warmen Steg fläzen hat auch was

Tonteich Bad e.V. ist jeden Tag von Mitte April bis Mitte September von 7 – 20 Uhr geöffnet. Tageskarte Erwachsene: 3.50 €, Kinder 2 €, weitere Infos zu Monatskarten, Happy Hour usw: www.tonteichbad.de Anfahrt: Die S21 Richtung Aumühle bis Wohltorf nehmen, von dort lauft ihr etwa15 Minuten (dauert zB von der Sternschanze ca. 50 Minuten, mit dem Auto ist man auch nicht schneller!

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