Wildpark Eekholt. Tour de Tier!

Wo wir Hirsch und Fischotter guten Tag sagen. Ein grüner, wilder Fluchtort für Stadt-Satte…

Es ist mal wieder Zeit, aus der Stadt und dem Erwachsenenleben mit seinen ewigen Deadlines, dem kantigen Schreibtisch und diesem ollen Internet auszubrechen Wenn ich zu viel auf eine Mattscheibe gestarrt habe, wird es halt höchste Eisenbahn für einen Ausflug ins Grüne.

Wildpark Eekholt | stadtlandflow
Wer hat das längste Geweih? Claudius und Theo liegen ganz weit vorn.

Nach Schleswig Holstein geht es heute. Zum Wildpark Eekholt, der ist etwa eine Stunde von Hamburg, Kiel und Lübeck entfernt und bietet auf 67 Hektar und mit über 100, meist heimischen Wildtierarten, einen grünen, wilden Fluchtort für Stadt-Satte! Ich sehe öfters hochgezogene Augenbrauen und fragende Blicke, wenn ich „Wildpark“ als Ausflugsziel nenne. Vielleicht denken die einen, das sei nur was für Kinder, die anderen finden es piefig oder uncool. Und eine dritte Gruppe mag denken, dass es ja garnicht geht, Tiere zur Unterhaltung von Menschen einzupferchen. Klar, mir sind Rehe in freier Wildbahn auch lieber. Aber um Natur zu verstehen und zu schätzen, muss man ihr erstmal näher kommen.

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https://youtu.be/PnuuTkzlUHQ

„Oh, kein Netz!“ – gleich als wir an diesem klaren Herbstmittag ankommen, ist klar, dass das gezwungenermaßen ein Digital-Detox-Tag wird: Es gibt im Park keinen Empfang, jedenfalls auf unseren Handys nicht. Ungewohnt, wenn man sonst alle paar Minuten draufstarrt, um die neusten Updates zu checken – und bei aller Liebe zum Runterkommen und Abschalten bin ich auch nicht frei davon. Aber umso besser, wir können uns voll uns ganz auf die Frischluft und die Bewohner des Parks einlassen. Der erste kommt ziemlich geballt – wenn auch lautlos – auf uns zu: Der riesige Uhu Emma segelt haarscharf über unsere Köpfe, eine Sekunde habe ich das Gefühl, dass Emma mir mit ihren gelben, starren Augen direkt in die Seele blickt, bevor sie mich mit ihren Federn streift.

Zusammen mit der Schleiereule Wilma, den Turmfalken Hanni & Manni oder dem schüchternen grauen Bartkauz Elvis (Foto) ist Emma die Attraktion der Flugshow, die hier drei Mal am Tag stattfindet. Wann kommt man einem so imposanten Vogel sonst schon so nah? Falkner Alex Imdahl erzählt begeistert von seinem Lieblingsvogel, dem Steinadler: „Wenn man sich als Falkner einen Steinadler anschafft, ist das ein Freund fürs Leben, auch weil er im wahrsten Sinne steinalt wird – so alt wie ein Mensch.“ Wir lassen uns sofort anstecken und liebäugeln mit einer Zweitkarriere als Falkner oder Tierpfleger – irgendwie ist Vogelgeschrei, so laut es auch grad sein mag, Chillout-Musik für die Ohren.

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Elvis, der schüchterne Bartkauz.

Auf dem ausgedehnten Spaziergang durch den Park bewundern wir als nächstes das stattliche Rotwild, Platzhirsch Theo und die jüngeren Kollegen haben sich zwar gerade ausgeröhrt, Brunftzeit ist zuende, beeindruckend sind die eleganten Tiere aber auch ohne ihr lautstarkes Sex-Geblöke. Wie so oft hier in Eekholt (heißt auf hochdeutsch übrigens Eichenholz) wird man von einem Flashback zum nächsten in die Kindheit katapultiert, wohl weil Zoo- und Wildparkbesuche so oft an Wandertagen auf dem Stundenplan standen?

Ich so vier Jahre alt, erstes Mal Kino, „Bambi“. Während mir heiße Tränen die Wangen runterlaufen, ruft mein Vater laut „Mumpitz!“, weil der Protagonist erst ein Rehkitz ist, später aber ein Hirsch… Ja, die Schule des Waldes ist nicht immer Ponyhof, auch wenn er Recht hatte: Ich war empört. Hier im Wildpark leben vermutlich übrigens die letzten Exemplare vom Blesswild, eine Farbvariante des Rotwilds, mit dem weißen langgezogenen Fleck auf der Stirn und weißen Fesseln – wie Blesshirschkuh Lilly, die an Menschen gewöhnt ist und uns gerade folgt, als wir über eine Brücke laufen. Ein hübsches Tier, das den Park sofort in einen Märchenwald verwandelt: Germany’s Next Superhirsch – wir sind beeindruckt.

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Wassermarsch: Lilly kühlt sich ab.

Who’s next? Die Fischotter! Sehen so vorwitzig und frech aus, zumal im Vergleich zu den eher statuesken Hirschen, die so garnichts aus der Ruhe zu bringen scheint. Die putzigen Otter dagegen scheinen stets unter Strom, zumindest als sie gerade durch den Teich und übers Grün wuseln, auf der Suche nach dem Fisch, der ihnen von der Tierpflegerin ins Gehege geworfen wird. Ein Otterpelz gehört zu den Wunderwerken der Natur: 80 bis 100 MILLIONEN Haare schützen ihn vor Nässe und Kälte, die sind ineinander verzahnt wie winzige Reißverschlüsse, ich bin beeindruckt und habe Mitleid gleichzeitig: Kein Wunder, dass die Pelzindustrie so scharf auf den kleinen Racker war, noch Anfang des 20. Jahrhunderts wurde er gnadenlos gejagt.

Was genau mir an dieser „Tour de Tier“ so gefällt? Alle Tiere sind so selbstgenügsam und präzise, sie legen sich hin, wenn sie müde sind, begeben sich auf Nahrungssuche, wenn sie hungrig sind. Sie sind Meister darin, im Moment zu leben. Ob niedlich oder gefährlich, jedes übt seine Faszination auf mich aus und versetzt meine Seele sofort in den Standby-Modus.

Je hochtouriger die Otter wuseln, schmatzen und immer wieder ins Wasser springen, desto ruhiger werde ich. Dann geht es weiter, zu den Mardern und Wölfen, vorbei an Füchsen und den Wildschweinen, die sich kameratauglich suhlen und um Eicheln und das mitgebrachte Futter streiten. Was jetzt noch? POMMES natürlich! Auf in die „Kiek Ut Stuben“ – und anschließend sind wir wieder fit für die City.

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Immer hochtourig am wuseln!

Der Wildpark Eekholt ist das ganze Jahr geöffnet, zwischen 1. März und 31. Oktober von 9 bis 18 Uhr, zwischen 1. November bis Ende Februar von 10 bis 16 Uhr. Darüber hinaus gibt es viele Sonderveranstaltungen mit geänderten Öffnungszeiten – wie die Dunkel-Munkel-Nächte und Eekholter Wolfsnächte. Es gibt darüber hinaus pädagogische Veranstaltungen, Führungen.
Mehr Infos: wildpark-eekholt.de

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